Unternehmensnachfolge im Fokus
Wirtschaftsdialog | 04. Februar 2014
Der 5. MIKOMI-Wirtschaftsdialog ermöglichte Unternehmern und potentiellen Nachfolgern die Chance, sich über das sensible Thema Unternehmensnachfolge zu informieren. Neben interessanten Vorträgen bot die Veranstaltung viel Raum für Diskussionen und individuelle Beratung.
Als erfolgreicher Unternehmer glaubt man gern an die eigene Unsterblichkeit und verdrängt im Tagesgeschäft den Gedanken, eines Tages sein Lebenswerk abgeben zu müssen. Trotzdem und gerade deswegen ist eine vorausschauende Planung der Unternehmensnachfolge unumgänglich. MIKOMI lud am 29.01.2014 an der Hochschule Mittweida zu einem umfassenden Wirtschaftsdialog zu diesem Thema ein. Über 70 Unternehmer und Vertreter von Wirtschaftsverbänden interessierte das Thema, das von vier Experten unter der Moderation von Prof. Dr. Andreas Hollidt beleuchtet wurde.
Deutschland zählt rund 700.000 übernahmewürdige Unternehmen, von denen 135.000 in den nächsten fünf Jahren übernahmereif werden. Sachsen ist besonders betroffen. Zahlreiche nach der Wende gegründete Unternehmen stehen heute vor einem Generationswechsel. „Die Unternehmensnachfolge ist ein typisches und äußerst aktuelles Mittelstandsproblem“, stellt Prof. Hollidt in einer kurzen Einführung fest.
Die Frage der Ersetzbarkeit
„Bin ich ersetzbar?“ fragt Rechtsanwalt Nils Doege von der KPMG AG und eröffnet seinen Impulsvortrag. So wenig sie es sich eingestehen möchten, die Zuhörer des Wirtschaftsdialoges müssen weitestgehend bejahen. Doege macht deutlich: „Dann ist der nächste Schritt, sich zu fragen, wie das Unternehmen ohne einen laufen würde und könnte.“
Wichtig sei zu Beginn die Identifizierung des Vermögens. Hollidt gibt zu bedenken: „Ein Techniker kann einen Tisch genau vermessen, ein Wirtschaftswissenschaftler kann aber nicht so einfach den Wert eines komplexen Unternehmens bestimmen.“ Der Altgesellschafter muss im nächsten Schritt die Nachfolge grob strukturieren und vorbereitende Maßnahmen treffen. Dabei sei es immer ratsam, professionelle Berater hinzuzuziehen.
Prof. Dr. jur. Walther-Reining, Professorin an der Hochschule Mittweida, referiert im Folgenden über die zivilrechtlichen Rahmenbedingungen der Unternehmensnachfolge. Wird vorab keine Individualvorsorge getroffen, gilt das gesetzliche Erbrecht. Auch sie mahnt zur rechtzeitigen Planung: „Nichts ist so sicher im Leben wie der Tod.“ Die Zuhörer lachen, aber sie ahnen: Der ungemütliche Gedanke an das „Was wäre wenn...“ muss weitergedacht werden.
Besonderer Fall: Familienunternehmen
Phillip Karmann ist Wirtschaftsprüfer und Partner bei der Deloitte & Touche GmbH und erzählt von seinen Erfahrungen: „Es gibt eben keinen physikalischen Erhaltungssatz. Ich habe zahlreiche Unternehmen gesehen, bei denen wie bei einem Luftballon die Luft entwichen ist." Mit „Luft“ meint Karmann den Wert eines Unternehmens. „Das liegt an dem nicht hinreichend einbezogenen Puzzlestück der Psychologie oder dem Unternehmer, der an die eigene Unsterblichkeit geglaubt hat.“ Besonders bei familieninterner Nachfolge entstehe ein Spannungsfeld zwischen dem Erhalt des Familienfriedens, dem Fortbestand des Unternehmens und der Sicherung des Familienvermögens.
Ein Beispiel für die erfolgreiche Nachfolgegestaltung ist das Kranbauunternehmen „Mechanik Taucha Fördertechnik GmbH“. Olaf Brauer, der das Geschäft in einem Jahr vollständig übernehmen wird, gibt seine bisher gesammelten Erfahrungen an das Publikum weiter. Das Altgewohnte müsse kennengelernt und im ersten Schritt weitestgehend akzeptiert werden. Positiv bewertet er die Konstellation, in der sich der Nachfolger zu 50% einbringen kann - zur anderen Hälfte muss er dem Vorgänger aber auch entgegenkommen. "Trotzdem sollte der Altgesellschafter seinen Nachfolger an die lange Leine lassen, auch wenn er sie zwischenzeitlich wieder kürzer fasst." Eine Nachfolge anzutreten bedeute Mut und Feingefühl. „Ich habe Gruppen eingerissen ... sie sind mir aber heute dafür dankbar.“
In der anschließenden Fragerunde stellten sich alle Referenten gemeinsam den Fragen der Zuhörer. Individuelle Situationen konnten diskret in kleinen Gesprächsrunden besprochen werden.
Zu dem Flackern eines projizierten Kaminfeuers diskutierten Zuhörer und Referenten noch lange. Eines ließ sich deutlich heraushören: Eine umfangreiche Befassung mit der Thematik der Nachfolge und eine vorausschauende Planung ist für jeden Unternehmer unumgänglich.
Corinna Robertz (MJS)
Fotos: Andreas Hiekel