MIKOMI im Zentrum des Dialogs
Rückblick auf den Wirtschaftsdialog-Zug im Rahmen des European Peace Ride 2025
Bereits zum dritten Mal verwandelten wir vom Institut für Mittelstandskooperation der Hochschule Mittweida den EPR-Sonderzug der Erzgebirgsbahn in eine Dialogplattform. Im Rahmen des European Peace Ride 2025 wurde der Wirtschaftsdialog-Zug erneut zur Bühne für Austausch, Erkenntnis und Netzwerkbildung zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft.
Mit an Bord waren rund 60 Unternehmensvertreter:innen aus Sachsen, Bayern, Polen und Tschechien, die sich gemeinsam auf den Weg von Chemnitz nach Passau machten, um zentrale Zukunftsthemen wie Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Transfer neu zu denken.
Workshops im Zug: Nachhaltigkeit als roter Faden
Den thematischen Auftakt während der gut 7-stündigen Zugfahrt von Chemnitz nach Passau machten drei interaktive Workshop-Formate, die sich alle unter dem Dachthema “Nachhaltigkeit im Unternehmenskontext” bewegten.
Dabei wurde auch der internationale Charakter des Formats deutlich: Eine kleine Delegation von polnischen und tschechischen Vertreter:innen reiste mit dem Zug mit, weshalb alle Workshops mindestens einmal auch in englischer Sprache gehalten wurden.
Christina Landgraf und Ingo Gringer (beide msg systems AG) leiteten den Workshop “Green Coding”, der das Bewusstsein für nachhaltiges Programmieren und die ökologische Verantwortung digitaler Systeme schärfte. Anhand der 17 UN-Nachhaltigkeitsziele gestalteten die Teilnehmenden eine visuelle SDG-Landschaft entlang der Fensterscheiben des Zuges. Ein Dialog zwischen Technologie und Ethik, der buchstäblich greifbar wurde.
Thomas Bethmann (msg systems AG) regte in seinem Workshop “Mobilität und Nachhaltigkeit” zur Selbstreflexion an: Wie nachhaltig reisen wir selbst eigentlich zu Veranstaltungen wie dieser? Die Diskussion über Dienstwagenmodelle, Flugreisen und Bahnfahrten führte zur Erkenntnis, dass Unternehmenskultur sich auch an den kleinen, alltäglichen Entscheidungen zeigt.
Ann-Marie Fröhlich (MIKOMI) beleuchtete in ihrem Vortrag zwei vermeintliche Hindernisse für Nachhaltigkeit im Mittelstand – die Sorge um Kosten und die Annahme, der eigene Beitrag zähle nicht. Gerade im Lichte dieser Vorbehalte wurde aufgezeigt, dass Klimarisiken bereits heute zu den größten globalen Herausforderungen zählen und dass KMU durch ihre Anzahl und ihre Rolle in Lieferketten über bedeutende Hebel verfügen, um Veränderungen voranzutreiben.
Ein weiteres Highlight war auch der Beitrag von Patrick Schulze (Pat Elements Coaching). Mit seinem Fokus-Training zu Körpersprache, Haltung und Präsenz brachte er frische Energie in den Waggon: Durch kurze Bewegungseinheiten, kombiniert mit Impulsen zu rhetorischer Wirkung und körperlicher Ausstrahlung im beruflichen Kontext, wurde der Zug zum Trainingsraum für mentale wie physische Präsenz. Der Ansatz: Körperliche Ertüchtigung als Zugang zu innerer Stabilität und kommunikativer Souveränität – ein erfrischender Perspektivwechsel auf Leadership-Kompetenzen.
Ankommen in Passau: Empfang mit Kultur und Haltung
Nach einer intensiven Dialogreise auf Schienen wurde die Delegation des Wirtschaftsdialog-Zugs am Hauptbahnhof Passau feierlich empfangen: Eine Blaskapelle sorgte für den passenden musikalischen Rahmen, bevor Andreas Rother (zweiter Bürgermeister von Passau) die Gäste offiziell willkommen hieß.
Während sich das Peloton des European Peace Ride auf den Weg zu den Hotels machte, wurde die Wirtschaftsdelegation in das Gebäude der msg systems AG geleitet. Nach einem kurzen Ankommen und einem Erfrischungsgetränk begannen die inhaltlichen Beiträge. Der Blick richtete sich dabei zunächst auf die Herkunft der Delegation: die Region Chemnitz.
Kathleen Spranger (IHK Chemnitz) stellte die wirtschaftliche Entwicklung der Region in den Vordergrund und betonte, wie wichtige Impulse aus dem Mittelstand heraus entstehen – getragen von Innovationskraft und kooperativem Unternehmertum.
Sybille Sonntag (Kulturhauptstadt Europas Chemnitz 2025 gGmbH) schlug die Brücke zur Kultur: “Kultur ist kein Beiwerk – sie ist das Fundament für Begegnung, Innovation und Identität.” Ihre Worte rahmten die anschließenden Diskussionen mit einem erweiterten Verständnis von Transfer.
Silvana Bergk (Stadt Chemnitz) hob schließlich hervor, wie sehr Kommunen heute Knotenpunkte von Dialog, Veränderung und wirtschaftlicher Orientierung geworden sind – und lud herzlich dazu ein, Chemnitz auch über 2025 hinaus als aktiven Kooperationspartner wahrzunehmen.
Podiumsdiskussion in Passau: Transfer als gelebte Praxis
Am Abend fand der Wirtschaftsdialog seinen Höhepunkt. Auf dem Podium diskutierten Vertreter:innen aus Hochschulen und Unternehmen, wie Transfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft nicht nur funktioniert, sondern echten Mehrwert stiftet.
In vier Gesprächspaarungen wurden konkrete Erfolgsgeschichten und Herausforderungen greifbar gemacht:
Prof. Dr. Volker Tolkmitt (Hochschule Mittweida) und Marcel „Sam“ Nagler (TOSA home appliances GmbH) machten deutlich, wie aus einer scheinbar simplen Idee, wie dem energiesparenden Wäschetrockner von Nagler, ein internationales Produkt entstehen kann. Dies gelingt nur, wenn Hochschulen wie Mittweida Raum für Experimente, Netzwerke und Rückhalt bieten. “Unsere Tradition ist schlicht die Innovation,” so Tolkmitt.
Prof. Dr. Gerd Strohmeier (Technische Universität Chemnitz) und Dr. Oliver Georgi (VibroCut GmbH) zeigten eindrucksvoll, wie gezielte Förderprogramme wie EXIST den Sprung vom Prototyp zum Produkt ermöglichen und dass dabei Vertrauen, Mut und Geduld entscheidend sind.
Prof. Dr. Frauke Deckow (Duale Hochschule Glauchau) und Dr. Jörg Lässig (SITEC GmbH) sprachen über den hohen Praxisbezug dualer Studiengänge und betonten, dass echte Integration in Unternehmensprozesse nur durch intensive Abstimmung und langfristige Partnerschaften gelingt.
Prof. Dr. Jan Schumann (Universität Passau) und Dr. Max Reiter (msg systems AG) hoben die langjährige Zusammenarbeit von Forschung und Praxis hervor, insbesondere in der Informatikausbildung – von SAP-Laboren bis hin zu agiler Cloud-Entwicklung. Ihr Fazit: Transfer braucht gemeinsame Sprache, gegenseitige Wertschätzung und eine gemeinsame Geschichte.
Zweiter Tag: Emotionen, Inspiration und konkrete Formate
Der zweite Tag begann mit einem emotionalen Moment: der gemeinsame Start des EPR-Pelotons vor dem Gebäude der msg systems AG – begleitet von Musik, Applaus und Abschiedsworten von Stadt, Landkreis und der Kulturhauptstadt-Initiative.
Für die Wirtschaftsdelegation begann der Tag danach mit einem frei wählbaren Vormittagsprogramm: Ein Teil der Gruppe entschied sich für eine geführte Stadtbesichtigung mit anschließender Flussschifffahrt auf der Donau – eine Gelegenheit, Passau als Partnerstadt der EPR-Route auch kulturell zu erleben.
Parallel dazu fand in den Räumen der msg systems AG ein Workshop zu virtuellen Showrooms im Vertrieb statt. Gestaltet durch Melisa Tasliarmut (TU Chemnitz) und Ronja Schneider (HS Mittweida) bot dieser praxisorientierte Workshop Einblicke in den Einsatz von Virtual Reality und interaktiven Technologien im B2B-Vertrieb. Anhand konkreter Fallstudien diskutierten die Teilnehmenden, wie virtuelle Räume Kundenerlebnisse verbessern, Kosten senken und neue Marktpotenziale erschließen können.
Am frühen Nachmittag wurde Im Sonderzug der Erzgebirgsbahn wieder die Heimfahrt nach Chemnitz angetreten.
MIKOMI bleibt in Bewegung – mit neuen Formaten und Impulsen
Der Wirtschaftsdialog-Zug war erneut ein rollender Beweis dafür, dass nachhaltige Bildung, partnerschaftlicher Austausch und kulturelle Verständigung keine Gegensätze sind, sondern sich gegenseitig bedingen.
Für uns als Institut für Mittelstandskooperation ist klar: “Der Mensch steht im Mittelpunkt” – nicht nur als Teilnehmer, sondern als Gestalter seiner Zukunft. Deshalb setzen wir auch in Zukunft auf Formate, die nicht nur Wissen vermitteln, sondern Beziehungen stärken und Perspektiven eröffnen.