Prof. Hans-Ferdinand Schramm (HFS) ist Vorstand der Sparkasse Mittelsachsen und Aufsichtsrat mehrerer Finanzdienstleistungsunternehmen. Als Honorarprofessor für Mittelständische Unternehmensführung gibt er sein Wissen über Unternehmenssteuerung, Führung und Finanzierung auch an die MBA-Studierenden am MIKOMI weiter. Er befasst sich seit vielen Jahren mit der praktischen Anwendung der wissenschaftlichen Managementlehre. Im Gespräch teilt er seine Erfahrungen über Wertewandel, Zielbilder sowie Kunst und Handwerk in der Führungslehre.

MIKOMI: Sie sind selbst eine Führungskraft und bereits seit vielen Jahren Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Mittelsachsen. Wie ist Ihr Führungsstil und wie hat sich dieser verändert?

HFS: Wir haben insbesondere im Finanzwesen elementare Veränderungen auch infolge der Veränderung der Verbrauchergewohnheiten und Veränderungen der Wertvorstellungen. Während ein Kreditinstitut vor Jahren noch dadurch geprägt war, dass man in der Filiale Überweisungen abgab und Geld abhob, sind wir inzwischen im Zeitalter der Digitalisierung unterwegs, stellen uns modernen Medien, verändern unser Angebot von klassischen Kontoführungsdienstleistungen hin zu Beratungsangeboten. Finanzdienstleistung ist inzwischen Beziehungsmanagement und hohe Kundenorientierung. Diese Kultur, die Geschäftsmodell ist, gilt es auch unternehmensintern zu etablieren, zu verankern und zu pflegen. Das ist Inhalt der Führungsaufgabe, so wie sie sich heute modern stellt. 

MIKOMI: Würden Sie sagen, dass es nur an der Digitalisierung liegt, dass sich heutzutage die Mitarbeiterführung verändert hat oder gibt es noch andere Einflussfaktoren?

HFS: Digitalisierung zielt einmal auf Nutzungsfrequenzen ab. Durch die modernen Medien haben wir aber auch eine Veränderung der Werte, des Werteverständnisses und der Vorgehensweisen. Während man in der Vergangenheit noch dem guten, alten Berater vertraut hat, ist es heute modern, über Plattformen die günstigsten Angebote herauszufiltern. Unsere Aufgabe wird nun vielmehr darin bestehen, Angebote aus dem Internet gemeinsam auszuwerten oder gar Internetanwendungen zu erklären bzw. im persönlichen Miteinander an diese heranzuführen.

MIKOMI: Ist Mitarbeiterführung für Sie eher Kunst oder Handwerk?

HFS: Beides. Also zunächst mal eine gute Botschaft: „Mitarbeiterführung ist lernbar!“ Es gibt einen Instrumentenkasten, dessen man sich bedienen kann, um Mitarbeiterführung erfolgreich umzusetzen. Das ist Handwerk. Aber in jedem guten Handwerk ist auch ein Stück Kunst. Das kunstgeschmiedete Gitter trägt natürlich die Handschrift des Handwerkers. So ist das in der Führung auch. Eine gute Führungskultur hat auch immer die Authentizität des Führenden.

MIKOMI: Was sind für Sie ganz allgemein die Herausforderungen in der Mitarbeiterführung? Worauf sollte man achten?

HFS: Führung ist eine klare Vorgehensweise zur Erreichung eines Zielbildes. Man muss drauf achten, dass es eigenen Werten Rechnung trägt und gerecht wird. Das ist jetzt wieder das Thema Authentizität. 

MIKOMI: Was halten Sie von der Aussage: „Wer führen will, muss Menschen lieben?“

HFS: Liebe ist vielleicht etwas, das man mehr im familiären oder im humanitären Bereich pflegt, aber als gute Führungsperson muss man zweifellos Menschen mögen. Führen zielt darauf ab, Menschen zu motivieren, d.h. sie zu bestimmten Handlungen und Verhalten zu bewegen. Dazu braucht man Einfühlungsvermögen und Sozialkompetenz. Die ideale Führungsfigur kennen wir in der klassischen Führungslehre allerdings nicht. Da gibt es viele Varianten, die alle auf ihre Art funktionieren können. 

MIKOMI: Wie kann es aus Ihrer Erfahrung gelingen, den Spagat zu schaffen, die verschiedenen Generationen mit den Unterschieden in Werthaltungen, Einstellungen und Ansprüchen abzuholen?

HFS: Ein Unternehmensführer sollte möglichst keine Spagate machen. Er muss sich treu sein und eine Vision für sein Unternehmen zeichnen. Ein faszinierendes Wunschbild, welches das Unternehmen ausmacht. Sein Erfolg wird darin liegen, dass die Mitarbeiter der Faszination seines Bildes folgen und sich auch dafür einsetzen, weil sie sich damit selbstverwirklicht sehen. Dieses Wunschbild muss den Unternehmer persönlich widerspiegeln. Er darf sich nicht darauf einlassen, allen gefallen zu wollen. Er muss sich vielmehr selbst verwirklichen und seine Mannschaft so zusammenfügen, dass Schlagkraft entsteht.

MIKOMI: Herr Prof. Schramm, Sie sind Honorarprofessor an der Hochschule Mittweida für das Fachgebiet „Mittelständische Unternehmensführung“. Was verbirgt sich dahinter?

HFS: Mittelständische Unternehmensführung beinhaltet das Umsetzen von Visionen, das Einbinden in werteorientierte Unternehmensführung und den Umgang mit allen Stakeholdern eines Unternehmens – das sind Eigentümer, natürlich die Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten, die Öffentlichkeit und andere, die mit dem Unternehmen verknüpft sind.

MIKOMI: Eines Ihrer Lehrgebiete ist der „Wertewandel in der Mitarbeiterführung“. Das ist verbunden mit einer hohen sozialen Komplexität. Was macht dieses Thema für Sie spannend in der Lehre?

HFS: Der Wertewandel in der Unternehmensführung beschränkt sich nicht nur auf Mitarbeiter, sondern auf alle Stakeholder-Gruppen. Wir haben im Laufe der letzten Jahrzehnte einen Wandel in den Gesellschaftswerten zu verzeichnen gehabt, der sich auch in den Unternehmensführungsstrukturen und -instrumenten widerspiegelt. Hier leben wir in veränderten Welten. Das Spannende an meinem Lehrgebiet ist, dass wir sowohl praktische Erkenntnisse in Mechanismen kleiden, die zur herrschenden Lehre werden und umgekehrt Lehrmeinungen nach außen geben, die dann erfolgreiche Anwendungen finden können. Zusätzlich faszinierend ist, dass unterschiedliche Vorgehensweisen und Führungsstile alle auf ihre Art erfolgreich sein können. Das ist ein unerschöpfliches Gebiet, mit unendlichen Reizen. 

MIKOMI: Sie unterrichten auch hier am MIKOMI zum Thema Mitarbeiterführung. Was können angehende Führungskräfte – z.B. unsere Seminarteilnehmer und Studenten – von Ihnen lernen? Wie geben Sie Ihren Erfahrungsschatz weiter?

HFS: Führung gehorcht klaren Mechanismen, Strukturen und Vorgehensweisen. Wir vermitteln hier – und das ist meine Vision – die routinierte Anwendung des Instrumentenkastens. Jeder, der hier als Absolvent rausgeht, sollte in der Lage sein, eine Problemstellung mit Bedacht und klarem strukturierten Vorgehen zu lösen.

MIKOMI: Was macht für Sie einen erfolgreichen Führungsstil aus?

HFS: Wir leben in der Welt und dem Verständnis der kybernetischen Führung (Kybernetik, siehe http://www.wirtschaftslexikon24.com/d/kybernetik/kybernetik.htm). Erfolgreich ist Führung dann, wenn ein Zielbild mit systematischen Instrumenten und kreativem, visionären Vorgehen erreicht werden kann.

MIKOMI: Welche Empfehlungen haben Sie für Führungskräfte oder angehende Führungskräfte? 

HFS: Immer das Bestreben zu verfolgen, anderen zu helfen gut zu sein.

MIKOMI: Wie sehen Sie die Zukunft der Mitarbeiterführung? Was kommt da auf uns zu?

HFS: Im Grunde ist Mitarbeiterführung schon existent seit es Menschen gibt. Wir haben schon Jahrtausende vor Christi komplexe Vorhaben, wie beispielsweise Pyramidenbauten bewältigt – zum Teil besser als heute, wenn man da manches komplexe Bauprojekt vor Augen hat. Und diese Strukturen und Funktionsweisen werden immer ihren Bestand haben. Wir entwickeln uns nur darin, dass wir von früher autoritäreren Ansagen ein Stück in kooperative Vorgehensweisen münden. Dass wir uns in einer modernen Führung dem Thema stellen, Mitarbeiter zu begeistern. Dass wir visionärer unterwegs sind, als das in der Vergangenheit der Fall war. Dieser Trend wird sich sicherlich fortsetzen. Ich bin allerdings sicher, dass wir selbst im Zeitalter der Digitalisierung eines Tages mal eine Renaissance des  menschlichen Miteinanders und eine Sehnsucht nach persönlicher Kommunikation verzeichnen werden. 

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